Die eigene Professionalisierung in die Hand nehmen

Kompass

Die eigene Professionalisierung in die Hand nehmen

Teil 2 – Navigieren lernen

Im zweiten Abschnitt der Coaching Ausbildung ging es darum, dienliche Werkzeuge für die Coaching-Praxis kennenzulernen, einzuordnen, anzuwenden und zu reflektieren.

Sich in der Coaching-Landschaft zurechtfinden

Ähnlich wie bei einem Blick vom Gipfel in die Ferne gibt es Orientierungspunkte, an denen sich festmachen lässt, wo wir uns gerade in der Coaching-Landschaft befinden. Oft sind es markante Gipfel, die uns schon bekannt sind oder von denen wir einmal gehört haben. Manche sind uns nahe, andere sind weiter entfernt. Während in Deutschland viel von systemischem Coaching gesprochen wird, ging ich auch mit der Frage im Gepäck in das zweite Modul, welcher Ansatz bei Henley gelehrt wird, um einordnen zu können, woher wir die Coaching-Werkzeuge beziehen.

Es gibt diverse Hilfsmittel, die die Zuordnung von Gipfeln erleichtern. In den Bergen sind es Tafeln, Karten oder Apps und in der Coaching-Landschaft sind es :

  • einschlägige Literatur (z.B. The Coach’s Handbook von Jonathan Passmore, z.B. Kapitel 4),
  • Videos (z.B. the Gloria Tapes),
  • Vorträge (z.B. Online über die Henley Live Community) oder
  • die Coaching Ausbildungen selbst, wobei insbesondere das Henley Psychology Wheel und der Austausch mit erfahrenen Coaches wertvolle Ressourcen sind.

Die Antwort auf die Frage nach der Einordnung des Coaching-Ansatzes stellte mich zufrieden: Beim PCEC orientieren wir uns an einem eklektischen und integrativen Ansatz. Grundlage sind diverse psychologische Ansätze, wobei sich nicht auf einen Ansatz fixiert wird. Aus der Berücksichtigung mehrerer psychologischer Strömungen wird individuell ein für den Coach passender und stimmiger Ansatz entwickelt. Das für mich Positive daran ist, dass der Ansatz nicht zu dogmatisch wird, psychologisch fundiert ist, Erkenntnisse aus der Forschung einbezieht und auch den Coachee mit Anpassung an seine Bedürfnisse berücksichtigt. Es gilt also, aus den nun kennengelernten Ansätzen einen eigenen Weg zu planen und zu beschreiten.

Die nötige Ausrüstung

Coaching bringt viele Vorteile mit sich und kann sehr dazu beitragen, Lösungen für die persönlichen und beruflichen Herausforderungen zu (er-)finden. Nun sollte aber auch die Kehrseite nicht ganz unberücksichtigt bleiben. Carsten Schermuly zeigt gängige Nebenwirkungen auf, die in Coachings auftreten können: beispielsweise, dass tiefergehende Probleme nicht bearbeitet oder die ursprünglichen Ziele des Coachees verändert werden (Schermuly 2020: 73 ff.). Vor dem Hintergrund, dass Coachings durchaus auch Nebenwirkungen haben können, ist es mir ein großes Anliegen, einen Grundstock an Coaching-Werkzeugen virtuos zu beherrschen. Mein Ziel ist es, den Coachee zu unterstützen sowie zu helfen und dabei keinen Schaden anzurichten. Dazu braucht es beides: Die Anwendung der Werkzeuge und die Reflexion dieser Anwendung. Ja, es braucht die Wiederholung und die Übung. Dies geschieht in vielen kleinen Einheiten direkt im Modul und etwas ausgiebiger in Coaching Übungs-Sessions zwischen den Modulen. Aber das Anwenden alleine reicht nicht aus. In einem geführten Reflexionsprozess werden die Übungen und die eigenen Coachings reflektiert, um sich stetig weiterzuentwickeln. Hierzu werden Wege der Reflexion aufgezeigt (z.B. die Henley Eight, Reflective Writing nach Jenny Moon) und der Stellenwert durch Aufgaben betont. Mein Learning ist dabei: Reflexion muss man sich bewusst vornehmen.

Eine Erkenntnis aus meiner Reflexion ist, dass es eine sehr wichtige Aufgabe des Coaches ist, das Handwerkszeug wirklich parat zu haben. Das meint, dass die Vorgehensweisen verinnerlicht sein müssen, damit die Aufmerksamkeit voll und ganz auf den Coachee gerichtet werden kann. Das betont auch Nancy Kline in ihrem Buch „Time to Think“, wenn sie von (fruchtbarer) Aufmerksamkeit spricht.  Wenn ich als Coach zu sehr damit beschäftigt bin, Notizen zu machen, zu überlegen welcher Schritt nun vorzunehmen ist und das nicht automatisch kommt, kriege ich im Außen weniger mit. Das mitzubekommen, was sonst noch da ist und nicht gesagt wird, gelingt meines Erachtens nur, wenn ich auf der Anwendungsebene der Werkzeuge Sicherheit habe.

Trotz möglicher auftretender Nebenwirkungen zeigt die Forschung, dass das Coaching insgesamt betrachtet ein wirkungsvolles Instrument in der Personalentwicklung ist (Schermuly 2020: 275).

Ich denke, dass das Vorgehen in PCEC aus Anwendung und Reflexion genau dazu befähigen kann, die Werkzeuge zu erlernen, um Nebenwirkungen gering zu halten.

Jan Hinzmann

Consultant bei Cevey Consulting GmbH